Elektroautos haben in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht und sich von reinen Stadtflitzern zu alltagstauglichen Reisefahrzeugen entwickelt. Mittlerweile bieten viele Modelle Reichweiten, die auch längere Landstraßen- oder Autobahnfahrten bewältigen können. Zudem hat sich die Ladeinfrastruktur spürbar verbessert. So werden Strecken von 300 bis 500 Kilometern am Stück zunehmend zur Normalität, und Schnellladestationen sind entlang wichtiger Urlaubsrouten zu finden. Das E-Auto kann heute problemlos den klassischen Kombi oder Van im Familienurlaub ersetzen. Vorausgesetzt, man beachtet einige Planungshinweise.
Realistische Reichweite auf Urlaubsstrecken
Ein entscheidender Faktor bei der Reiseplanung mit dem E-Auto ist die realistische Reichweite. Herstellerangaben nach dem WLTP-Zyklus weichen in der Praxis oft ab. Der WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) ist ein standardisierter Testzyklus zur Ermittlung von Verbrauchs- und Emissionswerten im Labor unter festgelegten Bedingungen. Klima, Geschwindigkeit, Beladung und Topografie können den Verbrauch jedoch deutlich verändern. So kann ein Familienwagen mit voller Zuladung und Dachgepäckträger bei Autobahnfahrten durchaus 20 % mehr Strom verbrauchen als im Laborzyklus angegeben. Bei einem smart #3 beispielsweise liegt die WLTP-Reichweite zwischen 415 und 455 Kilometern. In der Praxis sind eher 350 bis 400 Kilometer realistisch, wenn man noch Platz für Kinder, Gepäck und eventuell Dachbox einplant. Wer es genauer wissen möchte, findet auf der offiziellen smart-Website eine Übersicht zur Reichweite verschiedener E-Modelle, sowie Tipps, wie man den Akku in der Praxis optimal nutzt.
Ladeinfrastruktur: Wo es Ladestationen gibt
In den letzten Monaten hat sich das Netz öffentlicher Ladepunkte in Deutschland weiter verdichtet. Laut der Ladesäulenkarte der Bundesnetzagentur gab es im Februar 2025 insgesamt 161.886 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Davon waren etwa 1.900 Schnellladeparks (mindestens drei Anschlüsse mit je 150 kW oder mehr) registriert. Besonders viele Schnellladepunkte befinden sich in Bayern (rund 6.600) und Baden-Württemberg (rund 5.100). Durch Kooperationen von Energieversorgern, Autoherstellern und privaten Anbietern wächst das Netz kontinuierlich. So plant BYD aktuell, noch in den nächsten zwölf Monaten Megawatt-Ladestationen in Europa aufzubauen, um Ladezeiten für langstreckentaugliche Familienfahrzeuge weiter zu verkürzen.
In touristisch stark frequentierten Regionen, etwa in den Alpen, an Nord- und Ostseeküste sowie entlang großer Autobahnrouten (A7, A9, A3), findet man inzwischen alle paar Kilometer Schnelllader, viele davon mit 150 kW und mehr. Kleinere Ladepunkte (AC-Ladesäulen bis 22 kW) sind in nahezu jeder Kleinstadt verfügbar. Eine europaweite Übersicht bietet beispielsweise der LEMNET-Dienst, der in Echtzeit Informationen zum Belegungsstatus anzeigt.
Clever planen: Routen und Ladepausen
Eine durchdachte Routenplanung ist das A und O für stressfreie E-Auto-Familienurlaube. Folgende Aspekte sollte man beachten:
- Zwischenziele mit Ladeoptionen: Schon bei der Auswahl der Strecke darauf achten, dass entlang der Route mehrfach Schnellladestationen (über 100 kW) liegen. Empfehlenswert ist, eine Ladesäule alle 200 bis 250 Kilometer einzuplanen. Das entspricht in etwa zwei Drittel der maximal nutzbaren Reichweite.
- Ladepausen sinnvoll nutzen: Während das Auto lädt (von 20 % auf 80 % in 20 bis 30 Minuten), kann die Familie eine Rastpause machen. Mittagessen, Spielplatzbesuch oder ein kurzer Spaziergang bieten sich an. Moderne Schnelllader ermöglichen es, in 20 Minuten genug Strom für weitere 250 Kilometer zu tanken.
- Routenplaner-Apps verwenden: Tools wie der ADAC E-Routenplaner oder ChargeMap bieten planbare Ladesäulenfilter, Verbrauchsrechner und zeigen mögliche Überraschungen (z. B. temporäre Wartungsarbeiten).
- Flexibilität behalten: Bei schlechter Wetterlage (Kälte, Regen) sinkt die Reichweite. Daher empfiehlt es sich, die tatsächliche Restreichweite im Auge zu behalten und notfalls eine Zwischenladung einzulegen, auch wenn die App noch „grünes Licht“ anzeigt.
- Fehlende Stationen im Ferienverkehr einkalkulieren: In Spitzenzeiten können Ladesäulen belegt sein. Deshalb ist es sinnvoll, Alternativrouten oder zusätzliche Ladestopps (z. B. Supermärkte mit Schnelllader) in der Nähe einzuplanen. Eine Übersicht über freie Standorte gibt der GoingElectric-Ladesäulenatlas in Echtzeit.
Fünf Tipps für einen entspannten Familienurlaub mit E-Auto
Ein Familienurlaub mit dem E-Auto kann nachhaltig und stressfrei sein – vorausgesetzt, man ist gut vorbereitet. Diese 5 Tipps helfen dabei, typische Herausforderungen entspannt zu meistern:
- Voll beladenes E-Auto testfahren: Vor Urlaubsantritt empfiehlt es sich, das E-Auto einmal komplett mit Gepäck und Fahrgästen voll beladen zu testen. So erkennt man den realen Mehrverbrauch und gewöhnt sich ans veränderte Brems- und Kurvenverhalten.
- Bord-Entertainment und Klimatisierung sparsam einsetzen: Klimaanlage und Entertainment-System erhöhen den Akkuverbrauch. Statt volle Klimatisierung kann man Geschwindigkeits-Fußspuren in kühlen Abschnitten fahren oder Fenster öffnen, soweit es geht. Wenn der Akku nahe 20 % fällt, lieber eine Pause einlegen und in Fahrpausen mit eingebauter Klima-Vorauskühlung (Pre-Conditioning) Energie sparen.
- Ladekabel und Adapter vollständig mitnehmen: Für das Laden am Campingplatz oder an privaten Wallboxen benötigt man manchmal einen Typ-2-Adapter oder Schuko-Stecker. Es empfiehlt sich, vorab zu prüfen, welche Anschlussarten am Urlaubsort verfügbar sind, und das passende Zubehör rechtzeitig einzupacken.
- Tankkarten und Roaming-Apps organisieren: In Europa existieren Ladeverbünde (z. B. Ionity, EnBW mobility+, Fastned). Eine Roaming-App wie Plugsurfing oder eine universelle Ladekarte hilft dabei, nicht an jeder Säule neue Verträge abzuschließen.
- Kinder aktiv in die Ladepausen einbinden: Um Langeweile bei Kindern während der Ladestopp-Pause zu vermeiden, bietet es sich an, Spielzeug, kleine Outdoor-Spiele oder Podcasts bereitzuhalten. Zudem liegen viele Ladestationen in Gasthofnähe, sodass man dort essen kann, während das Fahrzeug lädt.
Besondere Aspekte für Familien
E-Autos bieten oft durch den tiefen T-Floor mehr Innenraum. Dennoch sollten Familien vor dem Urlaub testen, ob Kindersitze bequem befestigt werden können und genug Platz für Gepäck und Sportsachen vorhanden ist. Zubehör wie Dachboxen oder Heckträger erhöht den Luftwiderstand und kann den Energieverbrauch um 10 – 15 % steigern. Deshalb kann es sinnvoller sein, den Kofferraum optimal zu packen und vorhandenen Frunk-Stauraum (z. B. beim smart #3 mit 15 l Volumen) zu nutzen. Für längere Reisen empfiehlt sich eine Mobilitätsgarantie, damit Abschleppdienste oder mobile Ladelösungen im Pannenfall schnelle Hilfe leisten. Gleichzeitig sollten Familien darauf achten, Unterkünfte mit Lademöglichkeit auszuwählen. Viele Hotels und Ferienwohnungen bieten inzwischen eigene Ladestationen an und ermöglichen so ein bequemes Aufladen direkt vor Ort.